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Ethik Geschichte

Erntedankfest 2015

Gestern feierten wir das Erntedankfest in der Nathanaelkirche. Es war etwas anders als sonst. Wir sagten zwar auch Dank für Speis und Trank, wie immer, aber es ging darüber hinaus.

Alle teilten sich auf, in insgesamt 7 Altersgruppen. Jede Gruppe schrieb dann auf, wofür sie in ihrem Lebensalter besonders dankbar sind. Auffällig fand ich dabei, daß die ganz Jungen und ganz Alten sich für Frieden / Abwesenheit von Krieg bedanken. Für die mittlere Generation spielte dieses Thema offensichtlich gar keine Rolle.

Die 20er

Die 20er

Die 30er

Die 30er

Die 40er

Die 40er

Die 50er

Die 50er

Die 60er

Die 60er

Die 70er

Die 70er

Die 80er

Die 80er

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Ethik Geschichte Transport & Verkehr

Flüchtlinge in Deutschland

Wenn ich die Grillparties in Heidenau und anderswo sehe, muß ich an die Zeit vor 30 Jahren denken. Damals gab es auch schon Flüchtlinge in Westdeutschland, nur kamen diese damals nicht aus Syrien, Libyen und Eritrea etc, sondern aus der DDR. Was heute „Grillparty“ ist, war damals das sog. „Willkommensgeld“. Erinnern Sie sich? Es gab 100 Mark für jeden, der aus der DDR abgehauen ist. Das fand ich damals schon unerträglich. Daß diejenigen, die fliehen, von anderen für ihre Feigheit auch noch belohnt werden.

Flüchtlinge Prag

Die wahren Helden sind diejenigen, die zu Hause bleiben und für bessere Verhältnisse kämpfen. So wie 1989 in Leipzig und in vielen anderen Städten der DDR, wo die Menschen auf die Straße gingen. Leute, die fliehen, so wie vor 26 Jahren DDR-Bürger über Ungarn oder über Prag, erhalten viel mediale Aufmerksamkeit. Aber im Grunde sind sie einfach nur Feiglinge. Wer flieht, hat weniger Arsch in der Hose als derjenige, der bleibt und sich für Veränderungen einsetzt.

Natürlich wird es immer ängstliche Menschen geben, die zu Flüchtlingen werden, und auch für diese Menschen muß man sich einsetzen. Aber wichtig sind die anderen. Die nicht fliehen, sondern bleiben und sich gegen Ungerechtigkeit wehren.

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Bildung Ethik Transport & Verkehr

Ich reise, also bin ich

Im Mittelalter gab es im Katholizismus die seltsame Idee, daß fast jede Krankheit des Geistes oder des Körpers geheilt werden kann, wenn man eine lange Reise unternimmt, um ein Körperteil eines lange verstorbenen Heiligen zu berühren. Die Kirche hatte ein Verzeichnis von Pilgerzielen zur Hand, das für jedes Problem eine Lösung bot. Zum Beispiel gab es für Mütter, die Probleme beim Stillen hatten, allein in Frankreich 46 Pilgerziele zu Klöstern der Heiligen Brustmilch der Maria. („Wenn die heilige Jungfrau Maria eine Kuh gewesen wäre“, bemerkte im 16. Jahrhundert der Protestant Johannes Calvin, nicht gerade freundlich, „wäre sie kaum in der Lage gewesen, diese Mengen an Milch zu produzieren“).

Gläubigen, die eine schmerzhaften Backenzahn hatten, wurde empfohlen, nach Rom in die Basilika San Lorenzo zu fahren, wo sie die Armknochen der Heiligen Apollonia, der Schutzheiligen der Zähne, berührten, oder sie konnten Teile von deren Gebiß in der Jesuitenkirche in Antwerpen finden, oder ihre Zehen an verschiedenen Orten in der Umgebung von Köln. Frauen, die unglücklich verheiratet waren, wurde empfohlen, nach Umbrien zu reisen, um den Schrein der Heiligen Rita von Cascia, der Schutzheiligen der Eheprobleme (und der verlorenen Gerichtsverfahren) zu berühren, und Menschen, die Angst vor Blitzen hatten, erhielten Erleichterung, indem sie zur Jesuitenkirche in Bad Münstereifel fuhren, und mit ihren Händen die Überbleibsel des Heiligen Donatus berührten, welcher dem Glauben nach Hilfe bei Feuer und jeder Art von Explosionen gewährte.

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Obwohl heutzutage die meisten Menschen nicht mehr an die göttliche Kraft von Reisen glauben, um Zahnschmerzen oder Gallensteine zu heilen, sind wir immer noch davon überzeugt, daß manche Orte auf der Welt eine Kraft besitzen, psychische Leiden zu lindern und eine Veränderung zu bewirken, die nicht möglich wäre, wenn wir einfach im Bett liegen blieben. Es gibt Orte, die, aufgrund Ihrer einsamen Lage, ihrer Größe, des Klimas, das dort herrscht, der chaotischen Energie, bezaubernder Melancholie oder nur aufgrund der Tatsache, daß sie anders sind als unsere Heimat, die Kraft haben können, Verletzungen, die in uns sind, zu heilen.

Vielleicht stimmen wir mit dieser Aussage im Allgemeinen überein, aber es gibt trotzdem immer noch keine Tradition, Reisen unter dem rein therapeutischen Gesichtspunkt zu sehen, und Landschaften daher danach einzuordnen, wie sie uns im Innersten helfen. Die Reisebüros und Reiseveranstalter sind uns hierbei überhaupt keine Hilfe, da sie die Welt nach materiellen Gesichtspunkten kategorisieren, die fast überhaupt nichts mit unseren innersten Bedürfnissen, oder, anders ausgedrückt, unserer Seele, zu tun haben. Es wird uns die Auswahl von „Abenteuerreisen“, „Familienurlaub“, „Kulturwochenenden“ oder „Inselferien“ geboten – aber es wird nicht gesagt, welchen Sinn diese Ziele haben, wenn man sie aus dem Blickwinkel unserer Psyche betrachtet.

Wir müssen uns klar werden, welche inneren Wünsche wir haben und was die Außenwelt dazu sichtbar beitragen könnte. In Zukunft wäre es sinnvoll, wenn wir bewußter reisen würden – indem wir uns klar sind, daß wir zum Beispiel Reiseziele suchen, die psychologische Bedürfnisse wie „Ruhe“ oder „Erweiterung des Horizonts“ befriedigen können. Ein Besuch etwa des Monument Valley in Utah, USA, hätte nicht nur zum Ziel, ein undefiniertes „Abenteuer“ zu erleben, etwas, was wir genießen und nach zwei Wochen langsam anfangen, zu vergessen; die Reise dorthin wäre eine Gelegenheit, der Entwicklung unserer Persönlichkeit eine grundsätzlich neue Richtung zu geben. Es wäre der Aufbruch, ein völlig anderer Mensch zu werden, eine sekuläre Pilgerfahrt, die uns 8.000 km weit führt und 5.000 € kostet, aber deren Mittelpunkt eine grundlegende Weiterentwicklung unserer selbst ist.

Derzeit gibt es noch keine Kataloge solcher Reiseziele, die wir zu Rate ziehen können.

Dieser Artikel von Alain de Botton erschien am 15. August 2015 in englischer Sprache in der Financial Times (London).

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Ethik

Wahl des Oberbürgermeisters in Köln

Am 13. September wird der neue Oberbürgermeister von Köln gewählt.

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Die Kosten für die OB Wahl sind auch deswegen so gering, weil die Wahlhelfer mit einem Hungerlohn abgespeist werden, der nicht mal die Hälfte des gesetzlichen Mindestlohns beträgt. Ich bin zwar trotzdem als Wahlhelfer dabei, aber nur, weil ich Masochist bin.

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Ich schäme mich dafür, wie wenig uns die Demokratie wert ist. Bei der nächsten Wahl sollte das „Erfrischungsgeld“ für die Wahlhelfer mindestens verdoppelt werden!!!

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Abenteuer Ethik Geschichte Jura

Entführungen in Ostafrika

Seit Monaten oder noch länger ist es en vogue: Entführungen in Somalia, im Sudan, in Äthiopien. Es sind aber keine Europäer, die entführt werden, sondern Afrikaner – deswegen geht das Thema leider in unseren Hauptnachrichten etwas unter.

Wir haben jetzt in unserer Kirchengemeinde eine Anfrage bekommen. Eine gute Bekannte, geboren und aufgewachsen in Köln, aber mit afrikanischen Verwandten, bittet um ein Darlehen im hohen vierstelligen Bereich. Ihr Cousin wurde im Sudan entführt, wohl von Islamisten, und die Entführer wollen ihn nur gegen Lösegeld wieder freilassen.

Es ist bekannt, daß dieses Lösegeld in der Summe gestaffelt ist. In Somalia ist es eher niedriger, da die Verwandten auch bitterarm sind. In Äthiopien und Eritrea ist es höher. Und wenn bekannt wird, daß Angehörige in Europa leben, ist es natürlich noch viel höher.

Wie sollen wir auf diese Anfrage nach Lösegeld reagieren? Wie würden Sie reagieren? Und was kann die Weltgemeinschaft, ggf. zusammen mit der AU, tun, um diesen neuen Trend zu stoppen?

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Ethik Jura

Hilfe! Mein Vermieter bestiehlt mich!

Wir alle, die wir Mieter einer Wohnung sind, kennen das. Wir haben zwar Rechte, aber wir sind oft auch den Launen des Vermieters ausgesetzt. Wenn der eine Sanierung des Hauses vornehmen will, neue Fenster einbaut oder neue Heizungszähler, haben wir letztlich kaum eine Möglichkeit, das zu verhindern. Wir können mit ihm reden, und notfalls können wir ausziehen und uns eine neue Wohnung suchen.

Doch es gibt auch Regeln, an die sich der Vermieter zu halten hat. Er darf oft die Miete nur innerhalb bestimmter Grenzen erhöhen, er darf – außer bei Gefahr im Verzug – die Wohnung nicht unerlaubt betreten, und überhaupt muß er sich an eine ganze Reihe von Gesetzen und örtlichen Verordnungen halten.

Heute hat mein Vermieter ernsthaft versucht, mich zu bestehlen.

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Er hat in meiner Abwesenheit an jedem Briefkasten ein Schild anbringen lassen „Bitte keine Reklame einwerfen“. Wenn ich nicht zufällig kurz danach nach Hause gekommen, sondern z.B. gerade eine Woche lang verreist gewesen wäre, so wie letzte Woche, hätte ich tagelang keine Werbung erhalten. Werbung, die für mich bestimmt war, gedruckt und handverteilt.

Ich hoffe, mein Vermieter sieht seinen Fehler ein. Wenn nicht, werde ich wohl härtere Saiten aufziehen müssen.

Update 2. Mai 2015: Mein Vermieter hat sich heute für das Anbringen der Aufkleber schriftlich bei mir entschuldigt.

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Bildung Ethik Geschichte Internet Jura Politik

Repräsentative Demokratie

Das ist ein gutes Beispiel dafür, warum wir eine repräsentative und keine direkte Demokratie brauchen in Deutschland. Auch, wenn 69% der Deutschen die Todesstrafe für manche Delikte fordern würden, ist es dennoch gut, daß es keine Todesstrafe mehr gibt in Deutschland. Weil sich das für einen modernen Staat einfach nicht gehört.

So ist das auch mit der VDS. Nur, weil die Mehrheit der Deutschen sie ablehnt (wenn die Zahlen von Amnesty stimmen), ist das kein Grund für die deutsche Bundesregierung, sie nicht endlich einzuführen. Weil sie schlecht, aber leider notwendig ist.

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Bildung Ethik Internet

Smartphones und Privatsphäre

Professor Welzer hat viele interessante Gedanken zum Thema Medien und Privatsphäre. Es hat sich gelohnt, das Interview im „Kölner Stadtanzeiger“ zu lesen. Aber dennoch bekomme ich einen Schreikrampf, wenn er sagt, daß er weder Facebook, noch XING oder WhatsApp nutzt. Wieso nicht?

Echt schlimm auch, daß er Hans Magnus Enzenzberger und seine Aufforderung, Smartphones wegzuwerfen, auch noch verteidigt. Daß solche Meinungen immer noch von Menschen, die sich für die „intellektuelle Elite“ in Deutschland halten, geteilt werden, macht mir Angst. Gehen Sie doch zurück auf Ihren Baum, Herr Welzer, und lassen Sie uns in Deutschland in Ruhe mit Ihren seltsamen Gedanken. Halten Sie Vorträge in Seniorenclubs und anderswo, wo man mit der Welt von heute schon längst abgeschlossen hat, weil man sie nicht mehr versteht.

Aber billigen Sie uns „normalen“ Menschen zu, auch normal zu leben. Und dazu braucht man im Jahr 2015 ein Smartphone, mit allen Apps, die dazugehören. Dann haben wir als Folge eben keine Privatsphäre mehr. Na und?

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English Ethik Geschichte Transport & Verkehr

When Germanwings fails, Germany fails

One week ago, on Tuesday morning, Germanwings flight 4U9525 crashed into a mountain in the French alps. 150 people were killed. All of us in Germany were thrown into a state of shock and couldn’t believe this had happened. The German President cut short his state visit to South America, Chancellor Merkel cancelled all of that day’s appointments and rushed to the site of the accident. People were aghast and wanted to know: why? A very short time later, the French State Prosecutor, in Marseille, announced that, almost certainly, the plane’s co-pilot had deliberately downed the plane, killing 149 passengers and crew along with him. This is known, among psychiatrists, as „extended suicide“.

This event might, in my opinion, cause much bigger harm than may at first appear. True, a mass killing of so many people is something very hard to digest. It certainly doesn’t happen all the time and even if it does happen, when a ship like the „Titanic“ sinks or a train derails, causing a similar amount of lives lost, this can almost always be attributed to „technical defects“ or a „natural disaster“. To many, if a tragedy of this magnitude was deliberately caused by a single person, even a member of a highly respected profession like a pilot, things are much harder to shoulder.

The CEO of Lufthansa, Germanwings‘ parent company, publicly appeared many times in recent days. Usually, if you are the boss of a company, and one of your employees commits a grave mistake, the company and you yourself are held responsible. Legally, this seems to be the case here, too. Lufthansa made generous contributions to relatives of the victims, paying even more than they are obliged to do by law. However, CEO Carsten Spohr refused to even start considering stepping down from his job, which would imply that he might be at least in part responsible for what happened. The German public generally agreed with his statements, and he was even praised for the way he behaved in the aftermath of the catastrophe, consoling relatives of the victims, but at the same time, pointing out that this was a singular event that could not have been foreseen by anyone.

To me, this was very difficult to understand. Surely, when something like this happens, it is only natural to start looking for faults in Lufthansa’s training, faults in Lufthansa’s treatment of pilots, faults in the very system that was set up to provide air traffic in Germany. However, none of this happened. True, some improvements were suggested, like requiring a flight attendant to be present in the cockpit at all times in future, so when the pilot goes off to the bathroom, the co-pilot isn’t left on his own. If at all, Mr Spohr was criticized for not agreeing to this change of procedure quickly enough. But apart from that, not very many critics were heard. While personally, I found it difficult to experience Carsten Spohr’s total lack of self-reflection in the aftermath of the incident, this was not generally regarded so in Germany.

Which leads me to ask, why are things the way they are? The answer might be: Airlines always have been, and in Germany still are, seen as a symbol of the country. When Germanwings fails, Germany fails. Therefore, we cannot let anyone criticize Germanwings‘, or Lufthansa’s, leadership.

Germany has been struggling hard for the past few decades. We have the legacy of the Nazis and the Second World War to live with, we have to bear the brunt of criticism regarding the handling of the Euro currency crisis, and yes, we are still trying hard to find our place in the world, our national „self confidence“.

Last year, the German national football team won the Football World Cup. We didn’t only beat Brazil 7:1 on their home turf, and generally were regarded as having been the right team to have won. We were also widely praised for having done so with a team of different cultural backgrounds. Naturalized Germans with parents from Africa or Eastern Europe. The German national team are, therefore, widely seen as an example of cultural diversity and a spearhead in the fight against racism.

For the past few years, we have seen an increasing number of immigrants coming to Germany, and although there have been some right-wing protests in recent months, immigrants and asylum seakers are generally well-received in the German society.

And also, while we are quite sick and tired of Greece and other southern countries perhaps „breaking the rules“ of the Euro club, we are generally quite kind to our southern European neighbours, and willing to put up with the mess the Euro has caused.

All this, however, is, in my opinion, largely a superficial change that is not yet well-rooted in German society. The basic, German mood still remains, and Andreas Lubitz‘ act of killing 149 airline passengers in a case of extended suicide brings this to the surface, once more.

We are, deep down in our hearts, still largely a nationalistic, chauvinist society, afraid of foreigners and critical of anyone who is even slightly different. We don’t like rule-breakers. Unlike most of our European neighbours, we frown upon people who walk across the street, ignoring a red traffic light. We look down on people who spend more money than they earn, thus running a risk of enduring personal bankruptcy. And we certainly despise people who might be even slightly mentally ill, if they start behaving like ordinary people, for example, wanting to become a pilot at a national airline.

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Abenteuer Ethik

Taufe in der Nathanaelkirche

Taufe

am 15. März 2015