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Ethik Facebook Jura Politik

Der tote Flüchtling am Lageso, den es nie gab

Wir Menschen sind nicht deshalb Menschen, weil wir nobel, edel und gut sein können. Also weil wir zum Beispiel Flüchtlingen helfen. Solche Verhaltensweisen haben auch z.B. Tiermütter gegenüber ihren Jungen.

Wir sind auch nicht deshalb Menschen, weil wir Krieg führen können, andere Menschen verletzen, quälen und töten. Solches kann auch durch Naturkatastrophen oder technisches Versagen geschehen.

Sondern wir sind vor allem Menschen, weil wir Phantasie haben, uns Geschichten ausdenken können, die Realität dadurch überhöhen und andere zum Nachdenken anregen. So wie Dirk Voltz am LaGeSo. Er ist ein Mensch. Und das ist gut so.

Flüchtling Lageso

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Abenteuer Ethik

Wechsel des Mobilfunkanbieters

Ich war gewarnt, und ich hatte mit dem Schlimmsten gerechnet. Und es kam schlimmer.

Nachdem ich vor etwa zwei Wochen einen Vertrag mit 1&1 abgeschlossen hatte, um künftig endlich den Einzelverbindungsnachweis für die von mir geführten Gespräche zu erhalten, und außerdem etwas Geld zu sparen beim mobil telefonieren, wurde meine Rufnummer heute von 1&1 übernommen. Ohne, daß ich eine SIM-Karte von denen erhalten habe.

Telefon kaputt

In der Folge

– bin ich jetzt nicht mehr unter meiner seit 15 Jahren bekannten Nummer mobil zu erreichen, stattdessen unter der Ersatznummer 0151 15909561. Eine Rufumleitung von der alten auf die neue Nummer lehnt 1&1 ab.

– kann ich jetzt zwar WhatsApp noch nutzen, aber nur sehr eingeschränkt

– kann ich kein Online-Banking mehr machen und alle anderen Dienste, bei denen man eine SMS zur Bestätigung erhält

– erhalte ich keine SMS mehr von Freunden

– erhalte ich keine SMS mehr mit Bestätigung beim CarSharing-Auto buchen

– erhalte ich auch keine Zimmerbuchungen mehr per SMS. Das kostet mich vielleicht richtig viel Geld an entgangenen Einnahmen.

Ich habe in den letzten Tagen viele, viele Stunden am Telefon mit der Kundenhotline von 1&1, der Kundenhotline der Deutschen Telekom und im Gespräch mit Rechtsanwälten verbracht, um dieses doch noch in letzter Minute zu verhindern. Doch 1&1 und auch die Deutsche Telekom haben sich auf stur gestellt und keinen meiner Wünsche (z.B. Rufumleitung von der alten auf die neue Nummer) erfüllt. Gleichzeitig haben sie sämtliche Fehler, die die beiden Unternehmen gemacht haben, mit einem Schulterzucken weggewischt („Irren ist menschlich“). Es war mal wieder typisch Deutschland. Servicewüste.

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Ethik Geschichte Politik

Dschihad am Hauptbahnhof in München

In der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ vom 2. Januar schreibt Nikolas Busse auf Seite 1 einen Kommentar unter der Überschrift „Auf Nummer Sicher“ zur Terrorwarnung in der Silvesternacht am Münchner Hauptbahnhof. Er versteigt sich dabei zu Aussagen, die an Dreistigkeit kaum zu überbieten sind.

Die Freiheit der Presse ist ein hohes Gut in Deutschland (Artikel 5 Grundgesetz). Aber sie muß verantwortungsvoll genutzt werden. Das macht der Schreiberling der F.A.Z. in diesem Leitartikel nicht. Er ist anmaßend und verbreitet zugleich Angst und Schrecken, was überhaupt nicht gerechtfertigt ist. Wieso versuche ich seit vielen Wochen, viele meiner Freunde und Bekannten angesichts ihrer Angst vor Terroranschlägen zu beruhigen, und dann fällt mir der Kommentator der F.A.Z. so völlig in den Rücken? Ich bin außer mir vor Wut.

Nikolas Busse ist ein arroganter Aufschneider, der sich einfach nur still in die Ecke setzen und sich schämen sollte.

Im Einzelnen schreibt er:

1. „Eine ernste Anschlagsgefahr gibt es in Deutschland nicht erst seit den Attentaten von Paris.“

Das ist grotesk. Erstens gab es in Deutschland überhaupt noch nie eine ernste Anschlagsgefahr, und zweitens wird mit dieser Formulierung impliziert „Auch wir Deutschen sind Paris“. Das ist falsch, und anmaßend. Weil wir Deutschen nichts, aber auch gar nichts gegen den IS unternehmen, sollten wir uns im Vergleich zu den Franzosen schämen, und uns nicht mit ihnen gleichsetzen, indem wir behaupten, es gäbe hierzulande eine Anschlagsgefahr.

2. „Unser Land ist ein leuchtendes Aushängeschild der freien Welt …“

Lachhaft. Unser Land besteht aus Hasenfüßen, die nur Stofftiere an Flüchtlingskinder verteilen können, und denken, damit wären die Probleme der Welt gelöst. Nichts Aushängeschild.

3. „… welche die Dschihadisten zerstören wollen …“

Kein Dschihadist käme auf die Idee, Deutschland zu zerstören. Erstens ist Deutschland ein 1A-Rückzugsort für Dschihadisten, weil wir, im Unterschied zu Frankreich und England und USA, mangels Vorratsdatenspeicherung und mit der NSA oder dem GCHQ vergleichbarem Geheimdienst nicht in der Lage sind, diese zu finden und zu bekämpfen. Und außerdem geben wir denen noch Sozialhilfe und die können in Ruhe hier ihre Anschläge in Paris und anderswo vorbereiten, ohne sich um das täglich Brot kümmern zu müssen. Die sind doch nicht so dumm, die Hand zu beissen, die sie ernährt.

4. „… und es ist seit langem am Kampf gegen ihr Unwesen beteiligt.“

In Afghanistan hat sich die Bundeswehr immer schon nur die ruhigsten Provinzen ausgesucht. In Syrien kämpft die Bundeswehr auch nicht, sondern macht nur Aufklärungsflüge. Die Behauptung ist auch wieder anmaßend. Wenn sich Deutschland engagiert, dann nur so, daß das Risiko für unsere eigenen Soldaten möglichst gering ist. Im Unterschied zu Frankreich und anderen, die wirklich gegen den IS kämpfen.

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Ethik Fussball

Fußball

Es gibt Leute, die denken, Fußball sei eine Frage von Leben und Tod. Ich mag diese Einstellung nicht. Ich kann Ihnen versichern, daß es noch sehr viel ernster ist.

Bill Shankly, Trainer des FC Liverpool

Bild vom Spiel Hertha BSC Berlin gegen TSG Hoffenheim, 22.11.2015
Bild vom Spiel Hertha BSC Berlin gegen TSG Hoffenheim, 22.11.2015
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Ethik Facebook Francais Geschichte

Die Trikolore als Hintergrund im Facebook-Profilbild

Was ich interessant finde: alle Politiker, die ich kenne, und denen ich auf Facebook folge, z.B. Sigmar Gabriel und Hannelore Kraft, Angela Merkel und Ilse Aigner, haben ihr Facebook-Profilbild nicht in den französischen Farben eingefärbt. Gut, der Hauptgrund dafür wird sein, dass ihre Accounts nicht von ihnen selbst gepflegt werden und die jeweiligen Teams, die das im Namen der Politiker machen, haben keine Berechtigung, das Bild zu ändern. Aber das Ergebnis finde ich dennoch gut.

Solidarität ist etwas für Gefühlsmenschen. Die Anschläge in Paris haben bei vielen Menschen heftige Gefühle ausgelöst, und das sind die Menschen, die daraufhin ihr Facebook-Bild verändert haben. Ich habe auch oft heftige Gefühle, aber das ist bei privaten Dingen wie Freundin oder Familie, bei Dingen, die mir nah gehen.

Aber für mich ist die Antwort auf den Anschlag von Paris nicht mit Gefühlen verbunden und auch nicht mit Empathie. Ich will jetzt keine Empathie bekunden. Es muß jetzt rational und völlig emotionslos überlegt werden, wie es weitergeht. Und deshalb färbe ich mein Facebook-Profilbild nicht in blau-weiss-rot.

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Abenteuer Ethik Geschichte Politik

in memoriam Helmut Schmidt

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Sommer 1982. Demo im Bonner Hofgarten gegen Helmut Schmidts NATO-Doppelbeschluß. Ich war dabei. Das war eine der wichtigsten Stationen zu Beginn meines „politischen Lebens“, und dieses „Erlebnis“ habe ich letztlich Helmut Schmidt zu verdanken. 5 Uhr Abfahrt des Busses, damit wir rechtzeitig in Bonn waren. Total anstrengender Tag, letztlich vergeblich. Die Pershings und Cruise Missiles kamen trotzdem, und ich bin heute noch traurig, daß wir es nicht geschafft haben, uns gegen Helmut Schmidt und seine Kumpels in den USA durchzusetzen.

Ein schöner Kommentar heute in der „Tagesschau“: Helmut Schmidt wurde von uns allen in der SPD respektiert. Geliebt aber wurde Willy Brandt.

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Ethik Geschichte Politik

Oberbürgermeisterwahl in Köln am 18. Oktober 2015

Wenn eine Millionenstadt einen Oberbürgermeister wählt, und die aussichtsreichste Kandidatin Henriette Reker – die letztlich mit 52% der Stimmen auch gewählt wird – liegt gleichzeitig nach einem Messerattentat im künstlichen Koma auf der Intensivstation der Uniklinik, merkt man, das etwas nicht stimmt in dieser Gesellschaft.

Der Realitätsverlust ist erschütternd. Es geht nur noch um Symbolik. Die Kölner wählen lieber eine erkrankte Frau, in der Hoffnung, daß diese wieder gesund wird, statt der Realität ins Auge zu sehen und zu begreifen, daß es so nicht weitergehen kann in Deutschland.

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Wahllokal 40206 am Sonntag. Wahlhelfer Svenja und Simon im Gespräch.

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Ethik Internet Jura Politik

Vorratsdatenspeicherung: Netzpolitische Grundsatzentscheidung, die nun endlich kommt

Der Bundestag wird am morgigen Freitag voraussichtlich das umstrittene Gesetz zur Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung beschließen. Dazu sage ich, in Abwandlung einer Presseerklärung von eco Vorstand Politik & Recht Oliver Süme:

„Die Bundesregierung hat hier nach langen Beratungen endlich ein Gesetz auf den Weg gebracht, das ausgewogen ist und sowohl die Sorgen der Bürger als auch die paranoiden Vorstellungen der Gegner berücksichtigt. Bürger müssen keine Beschneidung ihrer Grundfreiheiten ertragen, sondern können endlich wieder damit rechnen, daß der Staat das Demokratiegebot ernst nimmt und ihre Rechte schützt. Die Unternehmen müssen zwar Kosten von geschätzt 600 Mio. Euro tragen, die sie für die Einrichtung entsprechender Speicherinfrastruktur ausgeben werden, aber Demokratie und Rechtsstaat gibt es eben nicht zum Nulltarif. Gleichzeitig ist jetzt schon klar, dass dieses Gesetz aufgrund übertriebener Ängste Einzelner wie schon sein Vorgänger im Jahr 2007 vor dem Bundesverfassungsgericht landen und dort voraussichtlich Bestand haben wird. Es ist unverantwortlich von den Gegnern, jetzt juristische Winkelzüge anzustreben, was wahrscheinlich vermeidbar gewesen wäre, wenn sich die Gegner der VDS sorgfältiger mit den Argumenten der Politik auseinandergesetzt hätten.“

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Energie Ethik Jura Transport & Verkehr

Normen

Ich weiß nicht genau, was der Skandal ist, weil ich die Normen nicht kenne. Das einzige, was wir wissen, ist, daß aus einem VW Diesel mehr Dreck raus kommt, als offiziell raus kommt. Das ist jetzt ein Problem der Normen. Wie wird so ein Motor gemessen? Ich weiß es nicht. Sie wissen es wahrscheinlich auch nicht, es sei denn, Sie haben das studiert oder arbeiten bei VW, das ist alles irrsinnig kompliziert. Aber alle regen sich irrsinnig auf: Die haben das manipuliert.

Dazu eine kleine Geschichte. Ich habe eine Hassliebe-Beziehung zu Heizungen, die basiert auf meiner Zeit als Pfarrer in Bischofshofen im Pongau, bei Salzburg, wo es wirklich irrsinnige Probleme mit der Heizung gab. Ich habe also nicht weniger als drei Heizkessel verbraucht, bis wir uns letztendlich entschieden haben, wir schließen das Pfarrhaus und das Gemeindehaus an die Fernwärme an, weil da dauernd Luft eingedrungen ist und dann ist der Kessel von innen verrostet. Bei der Inbetriebnahme des letzten Heizkessels für Pfarrhaus und Betsaal war ich dabei, und das war spannend. Da steht also der Kessel da, dann kommt der Mann von der Brennerfirma – das ist nicht der Heizkesselmonteur, sondern jemand anderes. Dann steht der ehrbare Abgasmessungsmensch da, und dann wird der Kessel in Betrieb genommen. Der wird in Betrieb genommen und, Sie werdens nicht glauben, optimiert. Das heißt auf gut deutsch, der Brenner wird aufgedreht, bis zum geht nicht mehr, der arbeitet mit einer wahnwitzigen Brenntemperatur, hoher Abgastemperatur. Das heißt, was da hinten rauskommt, ist CO2.

Und das wird dann gemessen, und dann sagt der: „Die Abgastemperatur ist schon ein wenig hoch, aber Abgase haben Sie de facto nur im Bereich CO2 und Wasserdampf, das paßt, dürfen Sie in Betrieb nehmen, da kriegen Sie einen Stempel drauf“. Während der noch zusammenpackt, wird der von anderen sehr fähigen Menschen informiert, daß er jetzt den Brenner wieder runterdrehen kann, dorthin, daß wir möglichst wenig Erdgas verbrauchen. Das heißt, der fährt den Brenner runter, dreht da ganz viele Schrauben, das ist wirklich eine Kunst, das kann nur der Techniker. Damit wir an der untersten Heiztemperatur sind, so, wie wir das brauchen, damit die Heizung gerade noch funktioniert. In dem Moment sinkt natürlich die Brenntemperatur und die Abgastemperatur, wir hauen da jetzt Stickoxide raus, und ich hab keine Ahnung was noch, was aber völlig normal ist, daß man das einfach so macht. Wenn der Tester kommt, wird die Abgastemperatur ordentlich aufgedreht, also der Brenner, also das Brennergebläse. Weil die Normen halt so sind. Zum Zeitpunkt der Messung muß das und das eingehalten sein.

Jetzt nehm ich an, daß jeder, der einen Motor macht, sich die Testgeschichten anschaut, und für ein paar Minuten wird der Abgasstrom gemessen und so eingestellt, daß der Motor für ein paar Minuten Chanel No. 5 ausstößt. Das macht jeder auf der Welt. Jeder, der einen Motor macht, der einem Test unterliegt, wird das so machen, daß der Test bestanden wird. Da gibt es Firmen, die nichts anderes tun, als für den Zeitpunkt der Testung die Maschinen herrichten. Das macht jeder von Ihnen so, auf der ganzen Welt, das machen wir alle. Wir passen uns Normen an, damit wir am Tag des Tests, und nur an diesem Tag, diesen bestehen.

Das einzig Witzige – oder eigentlich gar nicht Witzige, weil unter Umständen viele Menschen bei VW den Arbeitsplatz verlieren könnten – ist, daß eigentlich keiner genau weiß, worum es geht. Es kann durchaus sein, daß VW auf die europäischen Normen hin optimiert hat, wie jede andere Firma auch, und die Amerikaner haben halt andere Normen. Das machen Staaten extrem gern, um Firmen, die nicht bei ihnen zu Hause sind, zu schädigen.

Die Frage ist, warum kommt das gerade jetzt hoch? Wer wurde eigentlich geschädigt? Denn, was haben Sie geglaubt? Daß aus einem Dieselmotor hinten Chanel No. 5 rauskommt oder reiner Sauerstoff? Nein. Das ist ein DIESELMOTOR. Da wird CO2 rauskommen, da wird Ruß rauskommen, weil es ein DIESELMOTOR ist. Also, was haben Sie sich vorgestellt?

Wie kommt es, daß gerade jetzt dieser Skandal hochkommt, wo uns normalerweise Abgaswerte doch völlig egal sind? Haben Sie auch nur die geringste Ahnung, was Ihr Auto für Abgaswerte hat? Nein. Man fährt irgendwo hin, in Österreich heißt das Pickerl, in Deutschland heißt das TÜV, und da mißt einer irgendwas, und dann bekommt man eine Bescheinigung, daß alles gut ist. Was genau das bedeutet, weiß ich nicht, und das wissen Sie auch nicht. Das heißt, wir sehen gerade wieder einen Skandal einer hysterisch werdenden Welt. Einer Welt, die pausenlos die Idee hat, daß wir eh gleich alle sterben, und kein Mensch sich damit beschäftigt, worum es wirklich geht. Es geht einfach nur um die Sensation.

Und das finde ich wirklich zutiefst traurig. Wir als Christen haben die Aufgabe, uns mit Menschen zu beschäftigen. Wir haben nicht die Aufgabe, einfach nur zu schimpfen: „Diese ganzen Schweine bei VW“. Die Techniker bei VW tun das, was alle Techniker auf der Welt tun: nach den Prüfnormen hin optimieren. Das macht jeder. Absolut jeder. Sie verputzen Ihr Haus neu, und damit übererfüllen Sie die EU Norm so-und-so um 60%. Was immer das heißt. Ich hab doch keine Ahnung, was die EU-Norm so-und-so bedeutet.

Wir brauchen auch nicht auf einen einhauen – und das ist das, was mir als Christ besonders auf die Nerven geht – der genau das tut, was alle anderen auch tun. Und schlußendlich, aber das wäre jetzt eine sehr komplizierte Frage, das ist die Frage der Normen. Es gibt so unendlich viele Normen auf dieser Welt. Das ist eigentlich etwas sehr Menschliches, denn wir haben alle Normen, und wer unsere Normen nicht erfüllt, den brauchen wir nicht. Das ist etwas sehr Menschliches, aber in Wirklichkeit ist das absolut unchristlich. Weil jeder von uns ganz, ganz viele Normen von anderen Menschen nicht erfüllt.

Einen gesegneten Abend uns allen.

Von Hans Spiegl, Evangelischer Pfarrer aus Mistelbach / Österreich
22. September 2015
bearbeitet und gekürzt

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Ethik Jura Politik

Eigentum verpflichtet

Es ist für viele deutsche Juristen der umstrittenste Artikel des Grundgesetzes. Artikel 14 Absatz 2. „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen“. In jeder Vorlesung „Öffentliches Recht“ wird dieser Absatz nur ganz kurz abgehandelt und dann ad acta gelegt. Für mich ist das der allerwichtigste Satz des Grundgesetzes.

Seit vielen Jahren greift es um sich. Abends um 22 Uhr schließen viele Banken ihre Vorräume, vor allem im Zentrum von Großstädten. Man kann dann kein Geld mehr abheben und keine Kontoauszüge mehr ziehen. Auch Postfachanlagen der Deutschen Post sind nachts verschlossen.

Das ist zunächst mal für mich als Kunde ärgerlich. Ich möchte manchmal durchaus nachts um 23 Uhr noch Geld von meinem Konto abheben, und würde auch manchmal gerne spätabends mein Postfach leeren, wenn ich zufällig daran vorbeikomme.

vorraum

Vor allem aber ist das ärgerlich für viele Penner, die sich sonst gerne dort aufhalten würden. Gerade jetzt, wo die Nächte wieder kälter werden.

Manche sagen jetzt: „Banken sind Privatbesitz, und die Hinterlassenschaften der Penner sind eklig.“ Das ist zwar richtig. Aber genau hier sollte Artikel 14 Abs. 2 eigentlich greifen. Privatbesitz hat seine Schranken. Ich möchte offene Bankvorräume, rund um die Uhr.