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Geschichte Jura

Unrechtsstaat DDR?

Ein wohltuender Artikel von Ernst-Wolfgang Böckenförde, emeritierter Professor der Universität Freiburg i.Br., wo ich ihn kennengelernt habe, und von 1983 bis 1996 Richter am Bundesverfassungsgericht.

Boeckenfoerde

Heute in der F.A.Z.

Sein Fazit: Zum Zusammenwachsen [der beiden Teile Deutschlands] gehört die sorgfältige, differenzierte und unideologische Wahrnehmung der anderen, ihrer Vergangenheit, ihrer Prägung. Die globale Abqualifizierung der DDR als Unrechtsstaat hilft dabei nicht weiter.

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Ethik Jura

Hilfe! Mein Vermieter bestiehlt mich!

Wir alle, die wir Mieter einer Wohnung sind, kennen das. Wir haben zwar Rechte, aber wir sind oft auch den Launen des Vermieters ausgesetzt. Wenn der eine Sanierung des Hauses vornehmen will, neue Fenster einbaut oder neue Heizungszähler, haben wir letztlich kaum eine Möglichkeit, das zu verhindern. Wir können mit ihm reden, und notfalls können wir ausziehen und uns eine neue Wohnung suchen.

Doch es gibt auch Regeln, an die sich der Vermieter zu halten hat. Er darf oft die Miete nur innerhalb bestimmter Grenzen erhöhen, er darf – außer bei Gefahr im Verzug – die Wohnung nicht unerlaubt betreten, und überhaupt muß er sich an eine ganze Reihe von Gesetzen und örtlichen Verordnungen halten.

Heute hat mein Vermieter ernsthaft versucht, mich zu bestehlen.

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Er hat in meiner Abwesenheit an jedem Briefkasten ein Schild anbringen lassen „Bitte keine Reklame einwerfen“. Wenn ich nicht zufällig kurz danach nach Hause gekommen, sondern z.B. gerade eine Woche lang verreist gewesen wäre, so wie letzte Woche, hätte ich tagelang keine Werbung erhalten. Werbung, die für mich bestimmt war, gedruckt und handverteilt.

Ich hoffe, mein Vermieter sieht seinen Fehler ein. Wenn nicht, werde ich wohl härtere Saiten aufziehen müssen.

Update 2. Mai 2015: Mein Vermieter hat sich heute für das Anbringen der Aufkleber schriftlich bei mir entschuldigt.

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Bildung Ethik Geschichte Internet Jura Politik

Repräsentative Demokratie

Das ist ein gutes Beispiel dafür, warum wir eine repräsentative und keine direkte Demokratie brauchen in Deutschland. Auch, wenn 69% der Deutschen die Todesstrafe für manche Delikte fordern würden, ist es dennoch gut, daß es keine Todesstrafe mehr gibt in Deutschland. Weil sich das für einen modernen Staat einfach nicht gehört.

So ist das auch mit der VDS. Nur, weil die Mehrheit der Deutschen sie ablehnt (wenn die Zahlen von Amnesty stimmen), ist das kein Grund für die deutsche Bundesregierung, sie nicht endlich einzuführen. Weil sie schlecht, aber leider notwendig ist.

vds

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Bildung Jura Politik VWL

Streik im Kindergarten

Seit vielen Jahren bin ich Mitglied in der Gewerkschaft. Streiks sind ein wichtiges Instrument des sozialen Friedens. Sei es bei Industrieunternehmen, oder bei Dienstleistern. Die Lokführer- und Pilotenstreiks der letzten Monate, so ärgerlich sie für manche im Einzelfall waren, sind aus meiner Sicht völlig legitim.

Streik im Kindergarten

Aber Streik im Kindergarten geht gar nicht. Das, was heute in Köln passiert, ist ein Armutszeugnis für die deutsche Gesellschaft. Ich finde es gut, daß in christlichen Kindergärten diese Art der Auseinandersetzung auf dem Rücken der Kinder und ihrer Eltern schlicht nicht vorkommt.

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Ethik Internet Jura Politik

Immer wieder Vorratsdatenspeicherung

Nun wurde endlich das mit Spannung erwartete Gutachten des juristischen Dienstes des Europäischen Parlaments zur Vorratsdatenspeicherung veröffentlicht.

Und die VDS-Gegner sehen die Hardliner auf dem Rückzug und jubeln. Als ob es nur „Hardliner“ wären, die Vorratsdatenspeicherung fordern.

Eine Gesellschaft ohne anlaßlose Speicherung sehr vieler Daten ist wie eine Gesellschaft, die es erlaubt, daß alle Menschen in der Öffentlichkeit mit Strumpfmaske über dem Gesicht herumlaufen.

Die ewigen Apostel der VDS-Gegner verrennen sich in ihre eigenen Argumente und merken gar nicht, daß sie die Gesellschaft mit ihrer Opposition gegen die VDS schwächen. Wenn jeder anonym im Netz ist, gibt es nämlich keine Gesellschaft mehr, sondern nur noch eine Menge Individualisten. Das wäre das Ende jeglicher Politik.

Wer auch 2015 noch den Verzicht auf Vorratsdatenspeicherung fordert, spielt mit dem Feuer. Dieses droht, die Gesellschaft, wie wir sie kennen und lieben, für immer zu zerstören.

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Geschichte Internet Jura

Sieben Thesen zur Netzneutralität

Meine Freunde von netzpolitik.org fordern mal wieder Netzneutralität. Ich kann das Thema eigentlich nicht mehr hören. Aber weil alle gerade davon reden, rede ich eben doch ein wenig mit. Hab mal angefangen, die Thesen zu zerpflücken. Aber eigentlich lohnt sich der Aufwand nicht. Es gab aus meiner Sicht noch nie Netzneutralität und es kann sie nie geben.

Zur ersten These: ich habe hier in Köln zwei feste Internetanschlüsse. Ich kann Internet über Netcologne oder über die Deutsche Telekom beziehen. Das mag nicht überall funktionieren, aber es ist sicher kein Einzelfall. Die These ist also nicht ganz richtig. Außerdem gilt sie nur für kabelgebundene Netze. Bezogen auf Datennutzung über Handy ist sie völlig falsch.

Zur zweiten These: zentral gesteuerte Onlinedienste wie BTX waren in vielen Belangen dem heutigen Internet überlegen. Ich vermisse sie. Es gab bei BTX übrigens die Möglichkeit, mit 1200/75 Bit/s oder mit 28 kBit/s zuzugreifen. Es gab also im Ergebnis Zugänge unterschiedlicher Qualitäten, das hat niemanden gestört.

Zur vierten These: 10 MBit/s braucht kein Mensch. Mit 300 kBit/s kann man sehr gut Videos sehen. Ich mache das fast täglich. Wenn es also keine Netzneutralität gibt, und in der Folge dann manche mit 100 MBit/s surfen und andere mit nur 1 MBit/s, ist das überhaupt keine spürbare Einschränkung für letztere.

These fünf “Inhalteanbieter bezahlen im Netz heute für die Auslieferung ihrer Daten in einer garantierten Qualität” ist schlicht falsch. Im ICP/IP Protokoll kann die Qualität nicht garantiert werden. Das stört den großen Geist nicht, und den kleinen geht’s nichts an.

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Bildung Ethik Internet Jura

Die digitale Zukunft

In welcher Gesellschaft wollen wir leben? Die digitalisierte Gesellschaft als Herausforderung.

So lautete (abgekürzt) das Thema einer Tagung der Evangelischen Akademie in Villigst in Westfalen, die ich gestern besuchte. Wir haben sehr angeregt diskutiert über Profiling und die Auswirkung von Algorithmen auf Grundrechte und Demokraite, über Medienethik, die kindliche Entwicklung und welchen Einfluß die neuen Medien auf die Kinder, und die Gesellschaft im Allgemeinen haben.

Doch das war eine akademische Diskussion über die Zukunft. Die Gegenwart ist jetzt, und die ist genauso wichtig. Mein Kreditkartenunternehmen schreibt mir gerade „Starten Sie mit dem Barclaycard Online-Kundenservice in die digitale Zukunft“. Auf deutsch, sie wollen den Kontoauszug auf Papier abschaffen und mich zwingen, nur noch Online den Kontoauszug abzurufen.

Halt! So geht es nicht! Natürlich nutze ich seit über 25 Jahren Onlinebanking. Aber deswegen will ich doch nicht auf eine Papierrechnung verzichten!

Der BGH hat vor wenigen Tagen entschieden, daß ein Telefonunternehmen keine Extragebühr für eine Papierrechnung, einmal pro Monat, verlangen darf. Man muß offensichtlich manche Unternehmen, die die dringend notwendige Digitalisierung der Gesellschaft mißbrauchen, daran erinnern, daß damit vor allem ein Gewinn, und eine Komfortsteigerung für die Menschen und eben kein Kostensenkungsprogramm für die Wirtschaft gemeint ist.

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Fear of Missing Out

Think about life without your smartphone, without Internet access, without texting or e-mail or the apps you use every day. I’m guessing most of you would feel rather lost and left behind. Kids call this FOMO, or “fear of missing out.”

With Going Dark, those of us in law enforcement and public safety have a major fear of missing out—missing out on predators who exploit the most vulnerable among us…missing out on violent criminals who target our communities.

James B. Comey
Director, Federal Bureau of Investigation, Washington, D.C.
October 16, 2014

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Google Internet Jura Webseiten

Die Google Story wird fortgesetzt

Es ist so peinlich. Wer dachte, Angela Merkels Ausspruch „Das Internet ist für uns alle Neuland“ wäre ein Ausrutscher gewesen, sieht sich getäuscht.

Es ist wirklich so. Im Deutschland des Jahres 2014 ist es „schick“, damit zu prahlen, wie wenig Ahnung man vom Internet hat. Je weniger Ahnung, desto besser.

Und das Ausland liest mit und wundert sich.

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Google Internet Jura VWL

Die Google Story

Wir befinden uns irgendwo in Europa. In einem Gewerbegebiet. Ein Verbraucher kommt, auf der Suche nach einem neuen Auto.

Es gibt ziemlich viele Autohäuser in diesem Gewerbegebiet. Mercedes Benz, BMW, Volkswagen, Audi, Fiat, Renault. Und Volvo.

Auffallend ist, dass das meist deutsche Automarken sind. Aber es ist ja bekannt: Deutsche bauen die besten Autos. Ausserdem hat der Verbraucher ja die Wahl, ist also nicht schlimm.

Die absolute Premiummarke ist natürlich Mercedes. Also betritt der Verbraucher das Mercedes-Autohaus. Dort gibt es nicht nur eine riesige Auswahl an schnittigen Mercedes-Modellen, sondern auch Autos der Schwestermarke Smart. Beide natürlich ansprechend präsentiert. Ausserdem Angebote der Mercedes-Benz Bank, als Ergänzung. Falls der Verbraucher eine Finanzierung wünscht. Und die Mercedes-Benz Bank hat als Werbepartner den VfB Stuttgart, daher gibt es eine kleine Ecke mit VfB-Fanartikeln, Schals, Trikots, Mützen.

Der EU-Kommission stinkt das. Sie möchte, dass in dem Autohaus gleich am Eingang auch Audis, Bentleys und Seats gezeigt werden. Und natürlich nicht nur Artikel des VfB Stuttgart, sondern gleichwertig daneben Fanartikel der Konkurrenz vom FC Bayern München und den Stuttgarter Kickers.

Realistisch?

google

Wir befinden uns irgendwo in Europa. In einem Webbrowser im Internet. Ein Verbraucher öffnet den Browser, auf der Suche nach einer Information.

Es gibt ziemlich viele Suchmaschinen im Internet. Google, Yahoo!, Bing, AltaVista, Ask. Und Wolfram Alpha.

Auffallend ist, dass das meist amerikanische Suchmaschinen sind. Aber es ist ja bekannt: Amerikaner bauen die besten Internetdienste. Ausserdem hat der Verbraucher ja die Wahl, ist also nicht schlimm.

Die absolute Premiummarke ist natürlich Google. Also sucht der Verbraucher bei Google. Dort gibt es nicht nur eine riesige Auswahl an erstklassigen Suchresultaten, sondern passend dazu auch Werbung von Google AdWords. Beide natürlich ansprechend präsentiert und für den Laien kaum unterscheidbar. Ausserdem Angebote von Google Shopping, und Google Maps als Ergänzung. Falls der Verbraucher etwas kaufen möchte. Und Google bietet ausserdem noch Preisvergleichsportale an, z.B. für Reisepreisvergleiche, Produktpreisvergleiche.

Der EU-Kommission und auch deutschen Politikern stinkt das. Sie möchte, dass in der Suchmaschine gleich auf der Startseite neben Google-Ergebnissen auch Shopping- und Preisvergleichsportale der Konkurrenz gezeigt werden. Und natürlich nicht nur Artikel von Google ganz oben in den Suchergebnissen, sondern gleichwertig daneben auch Ergebnisse der Konkurrenz.

Realistisch?